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Sommer 2019, Pyrenäen: vom "Hospice de France" zum "Port de Venasque"

Das "Hospice de France": der ursprüngliche Teil (rechts) hat viel Geschichte gesehen - und viele Gesichter - erschöpft, aber in Freiheit: hier kamen Flüchtlinge nach einem harten, weiten Fußmarsch über die Berge aus Spanien an, die während des Bürgerkriegs vor den Faschisten fliehen mussten.

Vom Hospice gehen wir genau in die entgegengesetzte Richtung, zuerst idyllisch dem Tal folgend.

Am Horziont sieht man aber schon die Felsbastion, die das Tal nach Spanien hin abschottet.
Oder glaubt zumindest, sie zu sehen.

Da wollen wir hoch.

Allerdings wird sich herausstellen, dass man von hier unten nur den ersten Teil des Anstiegs sieht - die eigentliche Wand ist noch gar nicht zu erkennen ...

Mit dem Begriff "unzählig" wird oft übertrieben: Er stimmt fast nie wirklich - hier schon.
- ok, auch nicht ganz, aber die vielen Serpentinen machen unterwegs schon mal den Eindruck, kein Ende nehmen zu wollen. Vor allem weil der Weg immer steiler wird: Blick zurück zum Hospice de France, dem Anfang der Tour am Talgrund.
1,45 Stunden sind wir bis hier aufgestiegen.

Wir näheren uns auf dem immer steiniger werdenden Weg der markanten Stufe im Gelände, die einst Gletscher geformt haben. Sie nimmt die ganze Breite des Talschlusses ein und begrenzt ein Hochbecken.
Erst hier tauchen hinter der Geländekante die mächtigen Zacken des Felsenriegels auf, der das Tal endgültig nach Süden abschottet. Sie bilden die Grenze zu Spanien.
Da wollen wir rüber, auf dem Weg, den die Flüchtlinge nehmen mussten.
Je verblockter das Gelände wird, desto mehr muss ich an diese Menschen denken, die keine guten Bergstiefel an den Füßen hatten, dafür alles, was ihnen von ihrem Hab und Gut geblieben ist, auf dem Rücken.

Die funkelnd gefärbten Felsbrocken werden immer dominanter, das Grün zieht sich zurück und der Weg ...

... verlangt immer mehr Aufmerksamkeit


noch einige steile Meter auf dem Weg zur Geländekante aus glatt-geschliffenem Fels -

- dann ist das Hochbecken erreicht. Die Gletscher haben Mulden gegraben, die jetzt als blaue Perlen mit klarem Wasser die inzwischen karge Landschaft zu einem Hingucker machen.

Was man auch sieht: am Ufer befindet sich eine Refuge - die "Réfuge de Venasque". Wir ziehen es vor, auf dem ansteigenden Weg zu bleiben. Nichts gegen eine Einkehr, die Beine und der Durst würden es uns danken. Aber wir haben noch einen steilen Anstieg vor uns!

Blick zurück beim Anstieg: jetzt wird die doch große Ausdehnung des Beckens offenbar. Kein Wunder, dass man von unten nur die Kante sehen konnte. Wenn wir geahnt hätten, dass das, was man von unten als vermeintlichen "höchsten Punkt" sehen konnte, eigentlich nur eine Etappe ist!

Jetzt erst wird die ganze Wucht der Felswand erkennbar, die das Hochbecken wie einen Krater wirken lässt.

Die Wand ist erreicht. Es ist immer noch eine Alpine Wanderung und kein Bergsteigen. Aber viel weniger steil ist es nicht -

- vor allem auf den letzten Metern.
Und jetzt erst, wenn man schon mitten drin steht, taucht das Felsentor auf - völlig unerwartet, obwohl man ja die ganze Zeit dahin unterwegs war. Plötzlich öffnet sich da, wo man über sich gerade noch eine Felswand sah, ein Tor mit Blick zum Himmel -


und mit Blick auf Spanien und den Hauptkamm der Pyrenäen!
Ich spüre jetzt - einige Monate später - immer noch mein Staunen über diesen Durchgang durch das Port de Venasque. Es wohnt ja eigentlich fast jedem Pass dieser Zauber inne, beim Überqueren plötzlich eine ganz andere und viel weitere Perspektive zu gewinnen.
Bei manchen Pässen aber überfällt einen das Gefühl, in eine ganz andere Welt einzutreten.
Das ist hier definitiv der Fall.

Auf der "anderen Seite" - jetzt also in den spanischen Pyrenäen. Links zieht sich das Tal weit zum Bildhintergrund. Da geht der Pfad weiter, der einen auf die Südseite der Pyrenäen führt. Jetzt also haben wir - aus spanischer Sicht - den "Portillón de Benasque" überquert.

Wir wandern noch ein, zwei Kilometer auf spanischer Seite. Die Landschaft ist grandios.

Die flacheren Hügel zwischen den Bergketten sind durchzogen von Einbruchlöchern.

Nähert man sich von der spanischen Seite dem "Portillón de Benasque", hat die Scharte in der Felsenfestung einen ganz anderen Auftritt: nicht versteckt, heimlich und unverhofft taucht das Tor auf, sondern gewaltig und von weitem sichtbar, bewacht von zwei markanten Gipfeln.
Der kleine pelzige Kerl auf unserem Weg zeigt sich allerdings wenig beeindruckt. Auch von uns nicht ...

Das Tor!
Ehrfurchtgebietend.
Was muss das für die Flüchtlinge im spanischen Bürgerkrieg für ein Anblick gewesen sein: hinter dieser Scharte liegt die Rettung vor den Verfolgungen durch die Faschisten.

Beim Abstieg zum eiszeitlichen Hochbecken mit seinen Seen fällt auf, warum der Aufstieg so anstrengend war: das ist ganz schön steil.

Unten im Gletscherbecken. Die Spuren der Schleifarbeit der Eisriesen sind an den Felsen deutlich zu erkennen.

Diesmal nehmen wir den unteren Weg, denn diesmal ...

... steht die Hütte "Réfuge de Venasque" auf dem Plan ;-)

Der ursprüngliche Teil ist sehr ursprünglich geblieben (einmal abgesehen von der Photovoltaik-Anlage).
Hinter der halb offen stehenden blauen Türe liegt die Kammer des Hüttenwirts. Sie ist kaum breiter als die Türe.
Rechts daneben ist der ursprüngliche Schlafraum für die Gäste.
Dass die Nachfrage deutlich gestiegen ist, erkennt man an den beiden Zelten, die jetzt zusätzliche Übernachtungsplätze bieten.
Na ja - vielleicht nicht ganz so bergtypisch wie in der Hütte ...

Das Nötigste muss reichen.
Und ist allemal ein Paradies an Komfort, wenn draußen Wind und Wetter toben.

Als wir hier unsere Pause machen, toben Wind und Wetter allerdings nur ein ganz kleines Bisschen. Wir genießen es. Da schmeckt sogar Bier aus der Dose!

Und dieser aparte Bau macht doch echt etwas her, oder? Das WC auf dem Fels, mit Stahlseilen gesichert. Sie verhindern hoffentlich, dass einem ein Windstoß die gewünschte Diskretion wegbläst.

Scheinbar unzählige (das Thema hatten wir schon) Serpentinen auf steilem und dann entspanntem Pfad später: Rückkehr und Einkehr im Hospice de France!

Dazu ein paar Besonderheiten des Hauses: Bier aus der Region mit eigenem Extra-Etikett, und ...

... einer der Haus-Esel am Tisch. Ein sehr liebes und zurückhaltendes Tier, das einem viel Freude macht.
Na ja - außer, man möchte seinen Salat gerne selber essen.

Als wir beim Hospice de France waren, gab es dort eine Foto-Installation mit Fotos von Martinez Chaumel von der Flucht auch Spanien während des Bürgerkriegs.


Gedenkstein für die Flüchtlinge aus Spanien während des Bürgerkriegs 1936 - 1939


und weiter: nächste Tour
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